Nvidia startet KI-Offensive: Beginnt jetzt eine neue Ära für den Chip-Riesen?

Nvidia hat ein aktualisiertes Sprachmodell vorgestellt, was laut Fachleuten einen bedeutenden Meilenstein darstellen könnte.

Die Frage steht im Raum, ob sich das Unternehmen nun von einem reinen Chiplieferanten zu einem ernstzunehmenden Mitbewerber im Bereich der KI-Technologie entwickeln wird. Nvidias neues KI-Modell hat zuletzt bereits für einiges Aufsehen in der Branche gesorgt. Der Chiphersteller hat sich nun auch in den Wettlauf um die besten KI-Modelle eingereiht. Es wird darüber spekuliert, ob sich Nvidia nicht nur als führender Chipentwickler, sondern auch als eine Art Schlüsselspieler im Bereich der generativen KI etablieren könnte. Marc Mengler, CEO des KI-Start-ups “Octomind”, sieht Nvidia etwa in einer hervorragenden Position und prognostiziert: „Google und Nvidia werden zukünftig den Markt der großen KI-Modelle dominieren.“ Ohne Vorankündigung stellte der US-amerikanische Chiphersteller am Dienstag das Modell „Llama-3.1-Nemotron70-B-Instruct“ auf der französischen KI-Plattform “HuggingFace” online. Die Veröffentlichung erregte sofort Aufmerksamkeit, da Nvidias Sprachmodell in ersten Tests besser abschnitt als die führenden Modelle von “Anthropic” und “OpenAI”. Ähnlich wie “GPT-4”, das hinter dem bekannten Chatbot “ChatGPT” steht, kann “Nemotron” Texte analysieren, generieren und verarbeiten. “Nemotron” ist allerdings nicht das erste Sprachmodell des Chipgiganten. Schon im Juni stellte das Unternehmen eine Reihe neuer Modelle vor und machte im September den Quellcode unter „NVLM 1.0“ öffentlich zugänglich. Diese Modelle wurden nicht nur mit Textdaten, sondern auch mit Bildern trainiert. Vom GPU-Giganten zum Vorreiter im Bereich Sprachmodelle? Nvidias Grafikprozessoren (“GPUs”) sind maßgeblich für den Boom der generativen KI verantwortlich, der durch “ChatGPT” im Jahr 2022 ausgelöst wurde. Die Fähigkeit der Nvidia-GPUs, zahlreiche Berechnungen parallel auszuführen, macht sie ideal für das Training der anspruchsvollen KI-Modelle. Zwar entwickeln auch Konkurrenten wie “AMD”, “Microsoft” – ein enger Partner von “OpenAI” – sowie Tech-Riesen wie “Amazon” und “Google” leistungsfähige KI-Hardware, doch ist Nvidia bislang in der Branche nahezu konkurrenzlos. Ein weiterer Grund, warum Entwickler weltweit auf Nvidias KI-Chips setzen, ist die umfangreiche Software-Infrastruktur des Unternehmens, die eine einfache Implementierung und Skalierung von KI-Modellen ermöglicht. Mit seinen eigenen KI-Modellen zeigt Nvidia nun, dass es nicht nur in der Lage ist, hochentwickelte Hardware zu liefern, sondern auch konkurrenzfähige Sprachmodelle zu entwickeln. Dies könnte laut Beobachtern die Dynamik in der gesamten KI-Branche verändern. Bisher galten vor allem Software-Giganten wie “Google” und “Meta” sowie spezialisierte Start-ups wie “OpenAI” und “Anthropic” als führend in der Entwicklung leistungsstarker KI-Modelle. Nun mischt Nvidia auch auf diesem Feld mit. Das Unternehmen hat bei seinem “Nemotron”-Modell auf die Architektur von “Metas” „Llama 3.1“-Modell zurückgegriffen. Laut Analyst Alan Priestley von “Gartner” bietet “Nemotron” für Unternehmen, die keine eigenen KI-Modelle entwickeln, eine vielversprechende Alternative, vor allem wegen seiner Kosteneffizienz im Vergleich zu anderen Modellen. Unternehmen haben zwei Möglichkeiten, auf Nvidias Modell zuzugreifen und es weiterzuentwickeln: Sie können es direkt von der Plattform “Hugging Face ” herunterladen oder über eine Schnittstelle von Nvidia darauf zugreifen. Anschließend lässt sich das Modell individuell anpassen, um maßgeschneiderte Anwendungen zu entwickeln. Nvidias Modell „Llama-3.1-Nemotron-70B“ ist jedoch keine komplette Neuentwicklung. Wie der Name schon andeutet, basiert es auf “Metas” Open-Source-Modell “Llama 3.1”, das Nvidia durch fortschrittliche Trainingstechniken weiter optimiert hat. Open Source bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Quellcode frei zugänglich ist und von jedem eingesehen, genutzt und modifiziert werden kann. “Meta” hat eine lange Tradition im Bereich Open Source. Das Unternehmen sieht darin einen Vorteil, wenn Menschen weltweit dazu beitragen, das Modell weiterzuentwickeln. Mit “Llama” verfolgt “Meta” das Ziel, eine Art „Linux der KI“ zu schaffen – also ein offenes und frei verfügbares Betriebssystem für die gesamte KI-Branche. Nvidia ist mittlerweile der prominenteste Anbieter, der auf “Metas” Open-Source-Initiative aufbaut. Beim Training von “Nemotron” setzte Nvidia vor allem auf die Methode des „Reinforcement Learning from Human Feedback“ (“RLHF”). Diese Lerntechnik hilft der KI, menschliche Vorlieben besser zu verstehen und dadurch natürlichere und kontextbezogene Antworten zu liefern. Ein besonderes Merkmal von “Nemotron” ist laut Nvidia die Fähigkeit, bei komplexen Anfragen zusätzliche Aufgaben eigenständig zu übernehmen, ohne dass der Nutzer erneut nachfragen muss. Außerdem soll das Modell besonders gut darin sein, Antworten zu geben, die auf die individuellen Präferenzen der Nutzer abgestimmt sind. Eine neue Konkurrenz für die Software-Giganten?   Die Veröffentlichung von Nvidias neuem KI-Modell verdeutlicht, wie dynamisch sich die KI-Landschaft entwickelt. Auch wenn die langfristigen Folgen noch schwer abzuschätzen sind, könnte diese Innovation einen Wendepunkt im Rennen um die fortschrittlichsten KI-Technologien markieren. Sollte Nvidia seine Entwicklung in diesem Bereich weiter vorantreiben, könnten andere KI-Unternehmen gezwungen sein, ihre Strategien neu zu bewerten und ihre Forschung noch intensiver voranzutreiben. Marc Mengler, CEO des KI-Start-ups “Octomind”, sieht für Nvidia eine vielversprechende Zukunft als führender Anbieter großer KI-Modelle. Seiner Einschätzung nach werden sich Google und Nvidia zu den dominierenden Akteuren auf dem Markt entwickeln. Andere Wettbewerber hätten laut Mengler einen „Daten-Nachteil gegenüber Google und einen Hardware-Nachteil gegenüber Nvidia“ , was ihre Position im Wettbewerb schwächer macht. Analyst Alan Priestley ist hingegen skeptisch, dass Nvidias KI-Modelle den Markt grundlegend verändern werden. „Die Nvidia-Modelle sind lediglich ein weiteres Angebot, ähnlich wie die Modelle von Meta – nicht mehr und nicht weniger,“ sagt er. Daher erwartet Priestley nicht, dass Firmen wie “OpenAI” ihre Strategien wegen Nvidias Vorstoß grundsätzlich überdenken müssen. Priestley sieht sogar einen Vorteil bei “Meta”. Im Gegensatz zu Nvidias Modellen, die auf dessen GPUs laufen, funktionieren die “Llama”-Modelle von “Meta” auf verschiedenster Hardware. Er glaubt auch nicht, dass Nvidia seine KI-Modelle ins Zentrum des Geschäfts rücken wird: „Mit Infrastruktur lässt sich viel leichter Geld verdienen als mit Software.“ Nvidia “nur” Zulieferer im KI-Sektor? Nvidia hält sich offiziell bedeckt zur jüngsten Veröffentlichung seines KI-Modells. Hinter den Kulissen heißt es jedoch, dass der Konzern nicht die Absicht hat, in direkte Konkurrenz zu Angeboten wie “ChatGPT” von “OpenAI” oder “Claude” von “Anthropic” zu treten. Statt das Modell zu vermarkten, will Nvidia vor allem seinen Kunden zusätzliche Werkzeuge zur Verfügung stellen. Schon in der Vergangenheit hat Nvidia immer wieder betont, dass das Unternehmen in erster Linie als Zulieferer im KI-Sektor agiert. Die Kunden können aus einer breiten Palette an Produkten und Lösungen wählen. Diese Strategie, sich als Partner statt als Rivale zu positionieren, hat Nvidia bisher gut getan. Von Cloud-Anbietern bis hin zu Automobilherstellern: Nvidia arbeitet eng mit anderen Unternehmen zusammen. CEO Jensen Huang ist regelmäßig auf Branchenkonferenzen präsent und pflegt enge Beziehungen zu vielen Führungskräften, die er oft als „gute Freunde“ bezeichnet. Dennoch könnte Nvidias wachsender Fokus auf KI-Software auch bei Wettbewerbern wie “OpenAI” und “Anthropic” für Unruhe sorgen. Die schnelle Folge an neuen Modellen zeigt, dass Nvidia auch im Softwarebereich zunehmend mitmischen will. Sollte Nvidia künftig KI-Modelle anbieten, die mit den Branchenführern mithalten können, könnte sich das Unternehmen zu einem Komplettanbieter für KI-Lösungen entwickeln. Mit seiner tiefen Expertise in der Hardware – den eigenen GPUs – könnte Nvidia auch in der Softwareentwicklung einen erheblichen Vorteil haben und schneller vorankommen als die Konkurrenz.

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